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Interview der Studierenden-Vertretung mit der Akademieleiterin Prof. Nicole Simon

Wie kamen Sie zur BGBA?

Im Frühjahr 2013 sprach mich mein früherer Kollege Prof. Dr. Ulrich Kern an, ob ich mir vorstellen könnte die Akademieleitung, an der damals ja noch ganz jungen Brüder Grimm Berufsakademie, zu übernehmen. Nach Absprache mit meinem Mann und auch den Kindern, sie waren damals acht und zehn, bewarb ich mich auf die ausgeschriebene Stelle – in Teilzeit. Im Juli 2013 startete ich dann zusammen mit Petra Kern in der Doppelspitze als Akademieleitung.

Ich habe jetzt die alte Stellenausschreibung von 2013 nicht mehr ganz vor Augen, aber besonders wichtig war Identifikation mit dem dualen Ausbildungskonzept. Da ich vor meinem Studium eine Ausbildung zur Damenschneiderin im Handwerk absolviert habe lag mir dieser Ansatz nahe und ich wusste, wie wichtig beide Seiten sind. Die Praxis im Handwerk und die Theorie im Studium. Aber auch die anderen geforderten Merkmale kenne ich von mir: Fähigkeit zur konzeptionellen Arbeit, kommunikative Kompetenz und hohe Einsatzbereitschaft. Es gab natürlich auch formale Kriterien wie z.B. ein abgeschlossenes Hochschulstudium, Berufserfahrung als Designerin von mindestens 5 Jahren außerhalb der Hochschule, sowie einschlägige Lehrerfahrung im Hochschulbereich. Auch das konnte ich ja durch meine langjährige Dozententätigkeit in Hildesheim umfangreich nachweisen.

Was waren Ihre Ziele?

Mein Ziel war und ist immer unsere Studierenden so zeitgemäß und berufsbefähigend wie möglich auszubilden. Dazu passt das duale und ausbildungsintegrierte Angebot der BGBA sehr gut; was Ihr ja selber im Studium erfahrt. Wir sind eine sehr junge und recht kleine Akademie, aber wir legen auf Qualitätssicherung sehr großen Wert. Dazu gehört im Besonderen eine gute Verzahnung von Theorie und Praxis. Dass müssen wir übrigens auch bei der ZEvA, die regelmäßig die Qualität überprüft, nachweisen. Was mich darüber hinaus besonders bewegt, ist die persönliche Entwicklung der Studierenden. Alle Lehrenden sollten die Studierenden so gut wie möglich begleiten und unterstützen. Für mich ist die Absolventenfeier im Februar irgendwie wie ein „Erntedankfest“. Da spreche ich immer in erster Linie zu den Absolventen/Innen – weil die haben ihren akademischen Abschluss gemacht – und am Ende zeige ich unser legendäres Treppenfoto vom Studienstart und dann noch ein ganz aktuelles vom Ausstellungsaufbau im CPH. Das rührt mich immer sehr, zu sehen, wie sich diese jungen Menschen in den zurückliegenden dreieinhalb Jahren entwickelt haben. Das ist wie gesagt irgendwie wie „Ernte einfahren“. Ein ganz toller Tag für mich. Das entschädigt für so manchen Ärger, den man schon mal hat (und für so manche Unpünktlichkeit der DB). Da weiß ich warum ich nach Hanau fahre.

Sind die Ziele erreicht worden oder mussten sie angepasst werden?

Das Curriculum muss immer angepasst werden. Das ist ein ständiger Prozess. Oder anders ausgedrückt: Nach der Reakkreditierung ist immer auch vor der Reakkreditierung. Wenn wir uns nicht permanent weiterentwickeln, verlieren wir salopp gesagt unsere Betriebsgenehmigung. Und es ist ja richtig, dass wir dauernd Anpassungen des Studienverlaufs durchführen, da die Anforderungen des Job´s sich auch immer ändern und wir müssen als tertiärer Bildungsanbieter schnell darauf reagieren.

Muss etwas am Konzept geändert werden und wenn ja, was als erstes / was wäre am Wichtigsten?

Wir müssen die bei allen drei Studiengängen genau schauen was sich im Beruf ändert und dies in die Module integrieren. Wir werden uns sicher bald noch stärker dem Thema der Digitalisierung widmen und dies in allen drei SG deutlicher integrieren. Hingegen ist in den beiden Designstudiengängen immer die Frage wieviel BWL-Kompetenz braucht ein Produktdesigner oder ein Designmanager im Beruf wirklich. Das kennt Ihr ja selbst aus dem Studium. Oder gibt es Methoden die im Job gar nicht mehr so die Anwendung finden. Ein Beispiel wäre das Zeichnen mit Markern. Unbenommen ist dies eine tolle Fähigkeit – einfach mal ganz frei einen Entwurf präsentationsreif zeichnen zu können – aber im Gegenzug keine Kenntnisse im 3-D-Druck zu haben wäre als Produktdesigner/In im Job eher hinderlich.

Worauf sind Sie besonders stolz?

Das ist keine einfache Frage. Wir sind an dieser kleinen Akademie ja ein sehr eng zusammenarbeitendes Team. Aber ich glaube, dass ich bei zwei Dingen für alle sprechen kann: Zum einen bin ich sehr überzeugt von unserem sehr zeitgemäßen Curriculum in der Designausbildung. Da gibt es nicht viele Design-Hochschulen in Deutschland die diesen kreativwirtschaftlichen Fokus haben und zu dem noch so großen Wert auf das Thema der Berufsbefähigung legen. Dieses außerordentliche Curriculum haben damals Prof. Dr. Ulrich Kern und seine Frau Petra Kern entwickelt und umgesetzt. Das muss man hier einfach lobend erwähnen. Ich kam erst 2013 zu der BGBA und da waren die beiden Designstudiengänge bereits akkreditiert.
Das Zweite ist der hohe Rücklauf von fast 90 % der studentischen Evaluierung aller Module – auch die der Praxisphase. Qualitätssicherung ist extrem wichtig. Das sind wir Euch, den Studierenden, schuldig aber auch unserem Träger und denen, die mit unseren Absolventinnen und Absolventen später zusammenarbeiten. Wir müssen schließlich heute das Personal für Übermorgen ausbilden. Auch von unseren Ehemaligen, wollen wir wissen, was gut war und wo Verbesserungen ansetzen sollten. Der Rücklauf bestätigt uns auch hier. Dazu kommen Veranstaltungen, in denen unsere Ehemaligen jetzt den Studierenden erzählen, was nach dem Studium passiert. Ja, ich denke darauf können wir Alle stolz sein. Wir haben es geschafft seit Anbeginn der BGBA eine sehr gute Evaluierungskultur etabliert zu haben.

Welche Meilensteine gab es in der Erfolgsgeschichte der Akademie?

Prof. Nicole Simon: Die Antwort ist auch wieder schwer auf einen Punkt zu bringen. Jede Reise besteht ja aus vielen Schritten. Aber wenn ich mit – mit Mut zur Lücke – einige wichtige Schritte benennen sollte würde ich sagen: Mai 2012 die Akkreditierung von PG und DM, dann der Studienstart von unseren ersten 9 DM-Studies im August 2012. 2013 dann schon 14 DM-Studies und 15 PG-Studies und die Folgejahre ähnliche Zahlen. Dann 2016 die Akkreditierung des dritten dualen und ausbildungsintegrierten Studiengang Innovationsmanagement. 2016/2017 haben wir dann im gesamten Team begonnen die Corporate Identity der BGBA inhaltlich zu überarbeiten. Frau Schwarz hat das neue Corporate Design visuell umgesetzt. Dies war ein intensiver Prozess mit allen Beteiligten der BGBA und zu guter Letzt in diesem Jahr die Öffnung der BGBA in die sozialen Netzwerke. Aber wie gesagt: Mut zur Lücke – oder irgendetwas habe ich bestimmt vergessen.

Was bietet die Akademie, was sie von anderen Studiengängen abhebt?

Dual und ausbildungsintegriert und dies im Design ist einmalig in Deutschland. Das ist das Alleinstellungsmerkmal der BGBA. Gerade in den Designstudiengängen liegt der Fokus auf der Kreativwirtschaft – gekoppelt mit den mittlerweile vier bisher handwerklichen Ausbildungsberufen. Die jungen Leute wollen einen akademischen Abschluss, aber sie wollen auch was mit den Händen etwas machen und gestalten. Und diese Kombi ist so außergewöhnlich. Beim Studiengang Innovationsmanagement ist der Industriekaufmann/-frau ins Studium integriert. Hier kooperieren wir mit Unternehmen die den Part der Ausbildung übernehmen. Es gibt z.B. einige mittelständische Unternehmen die Nachwuchssorgen haben oder ihre Produktrange erweitern wollen. Unternehmen die erkannt haben, dass man heute nicht mehr „nur“ mit dem Produkt überzeugen kann verstehen sofort was wir Ihnen mit dem Studiengang Innovationsmanagement anbieten. Viele Betriebe finden heute für anspruchsvolle Ausbildungsplätze kaum noch Nachwuchs. Duale Studiengänge sind hier die Lösung. Abiturienten versprechen sie eine berufspraktische Ausbildung in einem Betrieb, verbunden mit einem stark strukturierten Hochschulstudium. Den Betrieben ermöglicht das seit den 1970er Jahren etablierte Modell, künftige Fachkräfte selber zu rekrutieren und sie langfristig an sich zu binden. Die Unternehmen bekommen mit einem dual Studierenden also das beste Personal ins Haus. Das wissen Sie. Und das wissen auch alle folgenden Arbeitgeber, weil das ein Bestandteil des Lebenslaufs ist.

Soll es noch mehr Studiengänge geben?

„Klein aber fein“ ist unser Motto. Schrittweise aber stetiges wohlüberlegtes Wachstum. Momentan sind keine weiteren geplant, aber wir wollen ggf. noch weitere Ausbildungsberufe in die SG integrieren und das Curriculum an so manchen Stellen modifizieren. Es wird also Anpassungen geben, aber keine grundlegenden Änderungen. Außerdem bezieht sich das „klein aber fein-Motto“ vor allem auf die Betreuung der Studierendengruppen. Hier sehen wir einen absoluten Vorteil, da wir individuell auf die Studierenden eingehen können.

Warum haben Sie sich wieder aufstellen und wählen lassen – was ist Ihre Motivation?

Sicher nicht weil ich so gerne Zug fahre. Nein, Scherz beiseite. Ich kann hier gestalten. Ich kann in einem so flexiblen kleinen Team Dinge umsetzen. Meine Ideen zur heutigen und zukünftigen Ausbildung im Design weiter ausbauen. Und auch neue Studiengänge platzieren. Ein Ergebnis ist der Studiengang Innovationsmanagement. Ich bin der Ansicht, dass alle Unternehmen ihre Leistungen und/oder ihre Produkte heute mehr denn je optimal darstellen und professionell kommunizieren müssen. Raymond Loewy bringt dies mit seinem Buchtitel auf den Punkt: „Hässlichkeit verkauft sich schlecht“.

Wo sehen Sie die BGBA in 5 Jahren?

Ich möchte, dass die BGBA weiter ihre Bekanntheit steigert und dies weit über die derzeitigen Grenzen des Main-Kinzig-Kreis hinaus. Dann wünsche ich mir zukünftig eine höhere finanzielle Unabhängigkeit der BGBA. Um dies umzusetzen müssen wir mit unseren derzeit knappen Ressourcen gut haushalten. Im Moment ist die Stelle „BWL + Innovation“ vakant, die muss erst einmal besetzt und dann auch eingearbeitet werden. Diese Person soll u.a. die Kontaktpflege zu den bestehen Praxispartnern – also die Unternehmen die den betrieblichen Part von Innovationsmanagement übernehmen und auch neue Praxispartner akquirieren. Nur wenn die Personaldecke stimmt kann man die Dinge auch nachhaltig umsetzen. Dann sei hier noch erwähnt, dass die Schnelllebigkeit der Kreativbranche Hochschulen, Arbeit- gebern und Studierenden einiges abverlangt. Wir vereinen hier die berufliche Ausbildung mit zeitgemäßen akademischen Inhalten wie z.B. Design Thinking, Trendstudien, Marktforschung, Datenanalyse, Designmillieus oder Advanced Design Konzepts. Dies ist profilgebend an der BGBA und diese Ausrichtung wird sich immer auch weiterentwickeln – auch über die nächsten 5 Jahre hinaus.

Wie meistern Sie das zeitlich mit zwei Jobs an verschiedenen Orten?

Tja, einfach machen ist da meine Devise. Manchmal wird es natürlich etwas enger, aber da haben immer alle im Team Verständnis und Wissen um meine beiden Tätigkeiten. Auch ist Allen bewusst, dass ich hier in Hanau nur mit einer halben Stelle tätig bin. Dadurch dass ich die Akademieleitung übernommen habe, kann ich den einen oder anderen Termin natürlich auch für mich passend legen. Wenn in Hildesheim vorlesungsfreie Zeit ist, habe ich auch etwas mehr Zeit für die BGBA und da lege ich mir gern Weiterwicklungsthemen in dieses Zeitfenster. Für grundsätzliche Überlegungen braucht man einfach einen freieren Kopf.

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Dozenten und Studenten beschreiben und auch insgesamt die Atmosphäre in der BGBA (anonym, familiär, freundschaftlich etc.)?

Grundsätzlich Super! Nicht immer und nicht in allen Situationen, aber grundsätzlich haben wir hier eine sehr familiäre Atmosphäre untereinander. Die Kommunikationskultur ist sehr verständig, fast schon freundschaftlich. Ich versuche immer zu gucken wie geht es meinem Gegenüber, welche Dinge kann Er/Sie gut umsetzen. Und da ist auch besonders Frau Kausch vom Studierendensekretariat zu nennen die viele Fäden zusammen hält. Aber auch Martin Krämer und Ariane Schwarz als unsere hauptamtlichen Lehrkräfte, da Sie am meisten Kontakt zu den Studies haben.

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Dozenten aus?

Erst einmal müssen natürlich die formalen Dinge erfüllt sein. Hochschulabschluss in dem zu vermittelnden Fachgebiet. Dann lege ich Wert auf eine gute Mischung aus Dozenten/Innen die umfangreiche Erfahrungen in der Lehre nachweisen können und Dozenten/Innen die in der Wirtschaft aktiv und erfolgreich sind. Am Liebsten mischt sich dies pro Jahrgangssemester noch mit unseren Hauptamtlichen. Es ist wichtig die unterschiedlichen Inhalte auch von unterschiedlichen Personen vermittelt zu bekommen. Dann lege ich großen Wert auf die Umsetzung der Inhalte in der Modulbeschreibung. Dazu müssen die Dozenten/Innen im Vorfeld ein Lehrkonzept erstellen. Dann findet noch ein Gespräch statt wo ich mit dem Dozenten das Lehrkonzept durchgehe, Fragen beantworte, die Studiengangs-Struktur noch einmal erkläre und auch das Semester beschreibe. Da ich schon seit 1999 in der Hochschullehre tätig bin, kann ich die Kompetenzen eines Lehrbeauftragten, glaube ich, ganz gut einschätzen.

Wie wollen Sie mehr Aufmerksamkeit für die BGBA von der Öffentlichkeit gewinnen, um mehr Studenten zu erreichen?

Da es die BGBA erst seit 2012 überhaupt gibt, werden wir uns weiterhin dafür einsetzen unsere Bekanntheit zu erhöhen. Da können wir natürlich nicht bzw. noch nicht mit den alteingesessenen Hochschulen konkurrieren, ABER wir haben uns durch die Kombi Ausbildungsberuf und Bachelor of Arts ein Alleinstellungsmerkmal im Bildungssektor erobert und dies beschert uns auch Studierende über den üblichen Radius von 150 km hinaus. Die jungen Leute wollen heute studieren. Laut Spiegel online „vier von fünf Abiturienten wollen studieren“ Wer die Schule abgeschlossen hat, will an eine Hochschule - die Zahl der Erstsemester und Studierwilligen ist so hoch wie nie. Dabei entscheiden sich Frauen häufiger für eine Ausbildung als Männer. (http://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/studium-nach-dem-abitur-wollen-80-prozent-an-die-uni- oder-fh-a-975890.html) Das duale Studiengangprofil, in dem eine Ausbildung ins Studium integriert ist, ist für viele eine ideale Kombi. Ausbildung alleine reicht den Abiturienten oft nicht. Da kommt dann gern der Satz: „Und wozu habe ich dann das Abi gemacht?“ Außerdem wissen die Abiturienten heute auch, dass ihre Entwicklungsoptionen mit einem akademischen Abschluss einfach viel höher sind – dies bezieht sich natürlich auch auf das Gehalt. Und das ist ja auch wichtig, da man nach dem Studium endlich auf eigenen Füßen stehen möchte.
 

Das Interview führten die Studierenden-Vertreterinnen Gabi Lütkenhaus (3. Semester) und Inke Breuning (5.Semester) mit der Akademieleiterin Prof. Nicole Simon.